Richi´s Lab

Mikroelektronik Karl Marx U80701

U80701

Das MicroVAX II Computersystem wurde in der DDR nachgebaut. Dazu hat man im MME (Mikroelektronik Karl Marx) die CPU DEC 78032 analysiert und unter der Bezeichnung U80701 neu aufgebaut. Man hat den Entwurf allerdings nie in eine Serienproduktion überführt.

Hier ist ein U80701 in einem der damals üblichen Kunststoffträger zu sehen. Vier Klammern arretieren ihn über die äußeren Pins. Die Pins sind noch nicht in Form gebogen.

 

U80701 Package

U80701 Package

Der U80701 befindet sich wie der 78032 in einem Keramikgehäuse mit 68 Pins.

 

U80701 Datenblatt

Im Gegensatz zum 78032 existiert für den U80701 zumindest ein sehr knappes Datenblatt. Es trägt den Hinweis "In Entwicklung". Bei der Zuordnung der Potentiale zu den folgenden Bildern muss man beachten, dass das Datenblatt den Baustein von oben zeigt. Das Die ist allerdings im Deckel des Bausteins befestigt, weswegen die Potentiale dort gespiegelt werden müssen.

 

U80701 Aufbau

Beim Öffnen des Gehäuses sind einige Pins herausgebrochen. Grundsätzlich ist der U80701 genauso aufgebaut wie der 78032. Das Substrat-Potential wird vom zugehörigen Pin aus direkt mit dem Träger des Bausteins verbunden. Auf einen zusätzlichen Kontaktquader hat man hier verzichtet.

 

U80701 Die

Die Abmessungen des Dies betragen 8,9mm x 8,8mm. Es ist damit ungefähr genauso groß wie das Die des 78032. Beim U80701 sind lediglich die verbliebenen Randbereiche schmaler. Das hier gezeigte Bild ist auch in höherer Auflösung verfügbar (96MB).

Oberflächlich betrachtet ist der einzige Unterschied zum 78032 eine etwas andere Anordnung der Bondpads. Es wurden aber lediglich die Abstände anders gewählt, die Abfolge der Signale hat sich nicht geändert.

 

U80701 Die Verschmutzungen

U80701 Die Verschmutzungen

Auf dem Die finden sich einige Verschmutzungen oder Korrosionserscheinungen. Sie sind vielleicht darauf zurückzuführen, dass es sich um verhältnismäßig alte Prototypenteile handelt.

 

U80701 Die Detail

U80701 Die Detail

Wie im 78032 ist auch hier die Struktur abgebildet, die an einen Hund erinnert. Beim U80701 kann man die Formen im Schrägbild allerdings kaum erkennen. Es scheint, dass im MME die Oberfläche zwischen der ersten und der zweiten Metalllage planarisiert wurde oder initial schon sehr glatt war.

 

U80701 78032 Unterschied

Im Großen und Ganzen sind der U80701 und der 78032 gleich aufgebaut. Teilweise wurden Leitungen minimal anders geführt. Lediglich im linken Bereich des Dies, ungefähr mittig scheinen die Strukturen tatsächlich funktional anders zu sein. Dort befindet sich ein breiter Bus, der beim U80701 deutlich weniger Leitungen enthält. Die Struktur links davon, wahrscheinlich eine Decoder Matrix, ist ebenfalls einfacher ausgeführt. Es handelt sich um den Bereich, den DEC im Digital Technical Journal als M-Box bezeichnet.

 

Ein am U80701 beteiligter Entwickler konnte einige Erklärungen und Hintergrundinformationen zum U80701 liefern. Demnach handelt es sich beim U80701 um einen 1:1-Nachbau des 78032. Der in der DDR verfügbare Herstellungsprozess war in fast allen Punkten ausreichend leistungsfähig. Lediglich bei Kontakten zwischen der Polysiliziumschicht und den aktiven Bereichen war ein um 1µm größerer Abstand notwendig. Dieser Umstand erforderte einige kleinere Anpassungen.

Ein weiterer Unterschied zwischen dem 78032 und dem U80701 ergab sich weil der Layout-ERC (Electrical Rule Check) lange Stichleitungen bemängelte. Während der Produktion können derartige Stichleitungen Ladungen einfangen. Kritisch ist diesbezüglich vor allem das Plasmaätzen, das naturgemäß viele freie Ladungsträger erzeugt. Je nach Aufbau der Strukturen, kann es in der Folge zu Schäden an den Gatestrukturen kommen. Im U80701 wurden unnötige, lange Stichleitungen gekürzt.

Der erste Entwurf des U80701 funktionierte nicht ordnungsgemäß. Dabei stellte sich heraus, dass man in Woronesch (Russland) ebenfalls an einem Nachbau des 78032 arbeitet. In der Zusammenarbeit stellte sich heraus, dass der U80701 eine Verbindung zwischen den zwei Metalllagen hatte, die beim Original nicht vorhanden war. Ohne diesen Kontakt lieferte der ERC allerdings einen Fehler (nicht angeschlossener Transistorfinger). Letztlich hat man die Verbindung aufgetrennt und die CPU funktionierte wie gewünscht. Nachdem DEC teilweise sogar Botschaften in kyrillischer Schrift auf die Schaltkreise aufgebracht hat, muss man sich an dieser Stelle fragen, ob es nicht eine bewusst integrierte, kleine Falle war.

 

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