Der LM2904 ist ein weit verbreiteter Zweifach-Operationsverstärker, der von vielen Herstellern produziert wird. Er geht zurück auf den LM158 von National Semiconductor. Der LM2904 kann mit 3V bis 32V versorgt werden, wobei eine Versorgungsspannung ausreichend ist. Die typische Stromaufnahme ist mit 0,7mA spezifiziert. Die Grenzfrequenz liegt bei 0,7MHz. Als Slewrate gibt das Datenblatt 0,3V/µs an. Die Offsetspannung beträgt typischerweise 3mV.
Texas Instruments hat sehr viele Varianten des LM2904 im Programm. Diese sortieren sich ein in eine ganze Familie von Operationsverstärkern. Die Application Note "Application Design Guidelines for LM324 and LM358 Devices" gibt mit der obigen Tabelle einen Überblick. Dort sind die Einfach-, Zweifach- und Vierfach-Operationsverstärker aufgeführt, die jeweils für verschiedene Betriebstemperaturbereiche spezifiziert sind. Der LM2902 enthält vier Operationsverstärker. Die Wahl der Zahlenfolge erscheint nicht besonders glücklich. Der LM2904 geht auf den LM158 / LM258 / LM358 zurück. Die drei Varianten stehen für drei Betriebstemperaturbereiche. Bei den Vierfach-Varianten sind es die Typen LM124 / LM224 / LM324.
Operationsverstärker mit dem Buchstaben N wurden von National Semiconductor übernommen. Bei den Zweifach- und Vierfach-Operationsverstärkern hat man anscheinend weiterhin die Wahl zwischen dem Design von Texas Instruments und dem Design von National Semiconductor. Als Einzel-Operationsverstärker sind der LM321 und der TS321 verfügbar. Texas Instruments hatte offenbar vor der Übernahme von National Semiconductor schon beide Bezeichnungen im Programm. Während alle oben aufgeführten Operationsverstärker in den Datenblättern von Texas Instruments und National Semiconductors mit gleichen Schaltplänen abgebildet sind, fällt der National Semiconductor LM321 aus der Reihe. Dieser LM321 scheint gänzlich anders aufgebaut zu sein.
Die Application Note enthält eine zweite Tabelle, die zeigt, dass es noch deutlich mehr Varianten und Unterscheidungen gibt. Die maximale Versorgungsspannung der LM2904-Familie beträgt 26V. Lediglich die Typen mit einem V in der Bezeichnung erlauben eine Versorgungsspannung von bis zu 32V. Die LM358-Familie ist für bis zu 30V spezifiziert. Außerdem existieren die Indizes A, B und K. Das A steht für eine niedrigere Offsetspannung. Trägt ein Operationsverstärker den Buchstaben K, so ist er mit einer höheren ESD-Festigkeit spezifiziert. Die B-Variante stellt eine neuere Generation dar, die sich in kleinen Details anders verhält. Sie ist unter anderem von Haus aus robuster gegenüber ESD-Entladungen und weist niedrigere Offsetspannungen auf. Eine A-Sortierung existiert trotzdem.
Hier ist ein LM2894AV zu sehen. Es handelt sich folglich um eine A-Sortierung mit einer niedrigen Offsetspannung. Als V-Variante darf die Versorgungsspannung bis zu 32V betragen.
Die Abmessungen des Dies betragen 1,3mm x 1,1mm. Auf dem Die findet sich die Jahreszahl 1998 und das Copyrightsymbol von Texas Instruments. Die Zeichenfolge 358E zeigt, dass das Design auf dem LM358 basiert. Der Buchstabe E könnte die Revision anzeigen. Die zwei Operationsverstärker sind symmetrisch rechts und links der Mitte angeordnet.
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Das Schaltbild des LM2904 findet sich im Datenblatt. Die bereits erwähnte Application Note beschäftigt sich etwas ausführlicher mit der Schaltung. Im Differenzverstärker am Eingang befinden sich zwei Darlington-PNP-Transistoren. Es folgt eine Spannungsverstärkungsstufe und eine Endstufe. Die Endstufe besteht aus einem Darlington-Transistor mit Strombegrenzung auf der Vcc+ Seite und einem PNP-Transistor auf der Vcc- Seite. Um Pegel nahe dem Vcc- Potential sauber darstellen zu können, ist dem PNP-Transistor eine 50µA-Stromsenke zur Seite gestellt.
Die Schaltung auf dem Die entspricht im Großen und Ganzen der Schaltung im Datenblatt. Die zusätzlichen Stromquellen Q5a und Q5c werden in der Application Note beschrieben. Diese Stromquellen speisen einen gewissen Strom zwischen die Darlingtontransistoren am Eingang ein. Das sorgt dafür, dass die Eingangsströme des Operationsverstärkers unabhängiger von der Differenzspannung sind. Der TS321 hat diese zusätzlichen Stromquellen angeblich nicht.
Ein weiterer Unterschied zum Datenblatt ist der Transistor Q8. Er ergänzt den linken Zweig des Differenzverstärkers, damit sich ein möglichst symmetrisches Verhalten ergibt. Die Diode D1 bleibt immer gesperrt. Ihr Leckstrom leitet den Leckstrom des Transistors Q10 ab. Der Transistor Q12 verhindert Sättigungseffekte in den Stromquellen. Sperrt der Transistor Q10, so kann der Strom der Stromquelle Q11a über Q12 abfließen.
Die vielen Stromquellen des LM2904 werden über die Transistoren Q20 und Q21 gesteuert. Das dazu notwendige Bias-Potential teilen sich die beiden Operationsverstärker. Es wird von einer Schaltung in der Mitte des Dies erzeugt.
Die Strombegrenzung im Vcc+ Pfad besteht aus dem Transistor Q16 und dem Widerstand R1. Beide Elemente sind mit dem PNP-Transistor Q22 kombiniert, der am Ausgang Strom nach Vcc- ableitet. Die Funktionsweise der Strukturen erschließt sich nicht auf den ersten Blick.
Der Widerstand R1 wird mit zwei p-dotierten Basis-Flächen erzeugt. Der zugehörige NPN-Transistor Q16 befindet sich in der oberen der beiden Flächen und nutzt diese als Basisbereich. Ist der Spannungsabfall in der Basisfläche groß genug, so fließt ein Strom zur Emitterfläche und der Transistor wird leitend. Ab diesem Zeitpunkt setzt ein Stromfluss aus dem darunter liegenden n-dotierten Kollektor zum Emitter ein. Der n-dotierte Kollektorbereich wird zwischen den beiden Basisflächen über eine stark n-dotierte Fläche kontaktiert.
Die beiden p-dotierten Basis-Flächen stellen für den PNP-Transistor Q22 den Kollektor dar. Der darunter liegende n-dotierte Bereich bildet die Basis dieses Transistors. Das konnte man so umsetzen, weil das Kollektorpotential von Q16 dem Basispotential von Q22 entspricht. Das zuunterst liegende p-dotierte Substrat bildet schließlich den Kollektor für Q22. Es ist mit dem Massepotential verbunden. Es handelt sich um einen sogenannten Substrattransistor.
Beim hier vorliegenden LM2904 handelt es sich um die einfache Variante ohne Index.
Das Gehäusematerial war recht hartnäckig, so dass das Die beim Freilegen teilweise Schaden genommen hat. Im unteren Bereich wird ein weiteres Mal auf den LM358 verwiesen. Hier handelt es sich demnach um die Revision H, die im Jahr 2008 entworfen wurde. Mit den Abmessungen von 1,1mm x 0,8mm ist das Die etwas kleiner als das Die der Revision E.
Die einzelnen Elemente der Schaltung sind etwas anders angeordnet. Es handelt sich aber weiterhin um die gleiche Schaltung. Der obere LM2904 mit der Endung AV wurde 2025 über Mouser beschafft. Es erscheint unwahrscheinlich, dass zu dem Zeitpunkt bei Mouser noch Altbestände der Revision E vorhanden waren. Man könnte folgern, dass für die geringere Offsetspannung (A) oder die höhere Betriebsspannung (V) noch das ältere Design herangezogen wird.