Bei der hier vorliegenden Dot-Matrix-Anzeige handelt es sich um ein Entwicklungsmodell der VQC10 aus dem Werk für Fernsehelektronik Berlin. Das Modul ist entsprechend nicht vergossen und beschriftet, wie es sonst üblich ist.
Die VQC10 besteht aus vier Segmenten, die jeweils eine Matrix aus 7x5 Leuchtdioden enthalten. Die Zeilen sind miteinander verbunden und über sieben Pins nach außen geführt. Die Spaltenansteuerung übernehmen viermal fünf Flip-Flops.
Im Betrieb legt man nacheinander an die sieben Zeilen die Versorgungsspannung an. Zwischen dem Zeilenwechsel müssen die Flip-Flops mit den Daten der folgenden Zeile befüllt werden. Dazu sind wiederum nacheinander die Daten der vier Segmente an die Dateneingänge anzulegen. Die Übernahme der Daten in die jeweilige Flip-Flop-Gruppe erfolgt über einen Flankenwechsel am zugehörigen Takteingang.
Das Datenblatt zeigt, dass eine VQC10 mehr Anschlusspins besitzt als das vorliegende Modell. Normalerweise ist die untere Pinreihe voll belegt. Grundsätzlich reichen zehn Pins aus. Vier Pins dienen lediglich der Entwärmung des Moduls. Die Tatsache, dass diese Pins beim vorliegenden Bauteil fehlen, lässt vermuten, dass im Laufe der Entwicklung Probleme mit dem Wärmehaushalt auftraten. Die Verlustleistung einer einzelnen Signal-Leuchtdioden ist verschwindend gering. In größerer Anzahl auf einer kleinen Fläche kann die Entwärmung allerdings durchaus kritisch sein. In der VQC10 sind immerhin 140 Leuchtdioden verbaut.
In einem Applikationsbericht wird genauer auf die Verlustleistung der VQC10 eingegangen. Das linke Diagramm zeigt die Stromaufnahme bei Raumtemperatur abhängig von der Versorgungsspannung. Bei 5V fließt ein Strom zwischen 17mA und 25mA durch eine aktive Leuchtdiode. Die Leuchtdioden werden nur mit Vorwiderständen, nicht mit Stromsenken betrieben. Das bedeutet, dass sich bei höheren Temperaturen und damit niedrigeren Flussspannungen der Betriebsstrom erhöht.
Das rechte Diagramm zeigt zulässige Arbeitspunkte.
Bei einer Umgebungstemperatur von 25°C und einer Versorgungsspannung von 5V kann
man die Leuchtdioden bis fast zum maximalen Tastgrad von 1:7 betreiben. Bei
einer Umgebungstemperatur von 85°C muss man entweder die Versorgungsspannung auf
2,5V oder den Tastgrad auf unter 1:25 reduzieren.
Interessant ist, dass die
Verlustleistungskurve ab einer Umgebungstemperatur von 55°C zwei verschiedene
Steigungen aufweist. Eine Steigung ergibt sich durch die maximale
Verlustleistung, die durch das Gehäuse abgeführt werden kann. Die zweite
Steigung erklärt sich höchstwahrscheinlich durch die mit steigenden
Umgebungstemperaturen fallender Flussspannung, die den Betriebsstrom und
damit die Verlustleistung zusätzlich erhöht.
Das Datenblatt gibt eine typische Verlustleistung von 1,65W an. Dieser Wert gilt für den Betrieb von 20 Leuchtdioden pro Segment mit einer Versorgungsspannung von 5V und einem Tastgrad von 1:8, bei einer Umgebungstemperatur von 25°C. Das entspricht letztlich dem dauerhaften Betrieb von 10 Leuchtdioden mit einem Strom zwischen 17mA und 25mA. Bei höheren Temperaturen erhöht sich der Strom und entsprechend die Verlustleistung, was wiederum die Temperatur erhöht. Dieser Zusammenhang führt bei unzureichender Entwärmung zu einem instabilen Verhalten. Die Temperatur erhöht sich bis zur Zerstörung der Leuchtdiode.
Im unteren Bereich der Platine befinden sich die vier Sechsfach-Flip-Flop-Bausteine, die die einzelnen Spalten ansteuern. Von den oberen Pins aus werden die Zeilen der LED-Matrix kontaktiert.
Interessant sind die Bohrungen zwischen den Leiterbahnen, die die Zeilen der Segmente verbinden und die Verlängerung der Spalten-Leiterbahnen zur oberen Kante hin. Es ist gut möglich, dass während der Fertigung der Platine alle Leitungen miteinander verbunden waren. Das ist notwendig, wenn man die Leiterbahnen galvanisch mit Gold beschichten will, was damals üblich war. Das ist auch ein Grund warum viele Leiterbahnen bis zum Rand der Platine geführt wurden.
Es gab aber noch einen zweiten Grund dafür die Leiterbahnen bis zu den Kanten zu führen. Sie wurden dafür genutzt den Bondvorgang zu überwachen. Dazu hat man die Leiterbahnen mit Leitgummis kontaktiert. Ein definierter Stromfluss zeigte dem Bonder eine ordnungsgemäße Verbindung.
Dass es sich hier um eine Entwicklungsmodell handelt, zeigt sich unter anderem an der Verschaltung der Leuchtdioden. Die Flip-Flop-Dies wurden überhaupt nicht kontaktiert. Die Zeilen sind wie üblich mit den oberen Pins verbunden. Die ersten drei Spalten und die verbleibenden zwei Spalten aller vier Segmente sind allerdings nur auf zwei der unteren Pins zusammengeführt (rot/lila). Die spezielle Verschaltung eignet sich lediglich dazu im Rahmen der Entwicklung die Leuchtdioden und den Bondvorgang zu überprüfen.
Die Abmessungen der Flip-Flop-Dies betragen 2,0mm x 2,1mm. Die Oberfläche hat bereits etwas gelitten und an der oberen rechten Kante ist das Die gebrochen.
An der oberen Kante befindet sich die Zeichenfolge 01K 710. Weiterführende Informationen finden sich damit nicht. An der unteren Kante ist ein Symbol abgebildet, das das Kürzel eines Entwicklers sein könnte. In den äußeren Bereichen befinden sich mehrere Maskenbezeichnungen.
Auf dem Die sind sechs Flip-Flops integriert. In der VQC10 benötigt man nur fünf Flip-Flops. Jemand der im Bereich der VQC10-Fertigung beschäftigt war, berichtet, dass der sechste Flip-Flop als Reserve fungierte. Stellte sich heraus, dass ein Flip-Flop defekt war, so entfernte man dort die Bonddrähte und verdrahtete den sechsten Flip-Flop.
Der Schaden am Die ist nicht unerheblich. Er könnte während dem Vereinzeln des Wafers entstanden sein.
Jedes der sechs Elemente erhält auf zwei Seiten das Versorgungspotential und eine relativ massive Massezuführung. Die unterschiedlichen Querschnitte sind sinnvoll, da über das Massepotential der Laststrom abgeführt wird, während Ucc nur für die Versorgung der integrierten Logik benötigt wird.
Aus dem rot hinterlegten, mittleren Bereich führen drei Potentiale in jeden der Flip-Flop-Blöcke. An der unteren Kante des Dies ist der rote Streifen mit zwei Bondpads verbunden. Man kann davon ausgehen, dass es sich dabei um den Takteingang und wahrscheinlich um eine Art Enable-Potential handelt, die allen Flip-Flops gleichermaßen zugeführt werden.
Neben dem Eingangs- und dem Ausgangsbondpad befindet sich der verhältnismäßig große Ausgangstransistor. Vom OUT-Bondpad führt eine Leitung über zwei parallel geschaltete Widerstände zu den zwei Kollektoranschlüssen des Transistors. Dieser Widerstand, der zur Arbeitspunkteinstellung, der angeschlossenen Leuchtdioden dient, kann durch Parallelschaltung von vier Widerständen variiert werden. Der Ausgangstransistor besitzt zwei Emitter-Anschlüsse und einen mittigen Basis-Anschluss. Rechts neben dem Transistor befindet sich eine zusätzliche Durchkontaktierung, die das Substrat noch einmal vor Ort an das Massepotential anbindet, so dass es zu keinen lokalen Potentialanhebungen kommt.
Viele der verbauten Leuchtdioden sind nicht mit den Bonddrähten verbunden. Der Bondvorgang war damals ein kritischer Prozess, der zu erheblichem Ausschuss und späteren Ausfällen geführt hat. Das lag unter anderem daran, dass man die Bondparameter nicht so flexibel einstellen konnte, wie es für die große und inhomogene VQC10 notwendig gewesen wäre. Dazu kommt, dass jede LED-Matrix aus Sicht des Bonders wie ein Chip behandelt wurde. Die richtige Platzierung und Ausrichtung war entsprechend kritisch.
Im obigen Bild sieht man den ADB-50 Drahtbonder aus dem Zentrum für Mikroelektronik Dresden, wie er im zugehörigen Prospekt abgebildet und beschrieben ist. Zum Bonden der VQC10 wurde ein ADB45 Drahtbonder verwendet. Dabei handelte es sich um einen extra für die VQC10 umgebauten ADB50. Offenbar existierten nur drei ADB45.
Die Kantenlänge der Leuchtdioden-Dies beträgt 0,46mm. Die Strukturen erscheinen etwas weiterentwickelter als bei der 7-Segmentanzeige VQB17. Dünne Stege verteilen den Strom, ohne zu viel der aktiven Fläche abzuschatten. Der p-dotierte achteckige Bereich ist deutlich zu erkennen.
Während im Datenblatt der VQB17 Aluminium-Gallium-Arsenid
als Grundmaterial angegeben ist, bestehen die Leuchtdioden der VQC10
laut Datenblatt aus Gallium-Arsenid-Phosphid. Mit AlGaAs können effizientere Leuchtdioden
aufgebaut werden, was vor allem für die VQC10 eine sehr wertvolle Eigenschaft
wäre. Gleichzeitig hatte man bei frühen AlGaAs-Leuchtdioden mit einem
verhältnismäßig schnellen Abfall der
Lichtleistung zu kämpfen. In
Kombination mit der zu erwartenden höheren Betriebstemperatur könnte das der Grund
dafür gewesen sein, auf die
eigentlich weniger effiziente GaAsP-Technologie zurück zu greifen.
Beim hier
vorliegenden Modell beträgt die Flussspannung 1,64V (20mA). Die Flussspannung
der VQB17-Leuchtdioden beträgt 1,77V. Mit GaAsP als Grundmaterial würde man
tendenziell etwas höhere Flussspannungen
erwarten. Die Flussspannung ist aber auch von der Dotierung des Halbleiters
abhängig, so dass man nicht direkt von der Flussspannung auf das eingesetzte
Grundmaterial schließen kann. Wie sich gleich zeigen wird, ist eine Flussspannung von 1,64V
durchaus plausibel für eine GaAsP-Leuchtdiode.
Im Siemens Optoelectronics Data Book von 1990 sind sowohl der grundsätzliche Aufbau als auch die typischen Eigenschaften von GaAsP-Leuchtdioden abgedruckt:
Wafer für GaAsP-Leuchtdioden bestehen aus einem GaAs-Substrat, auf dem sich eine epitaktisch abgeschiedene GaAsP-Schicht befindet. Da sich die Kristallgitter von GaAs und GaAsP unterscheiden, lassen sich die beiden Materialien nicht ohne Weiteres verbinden. Aus diesem Grund befindet sich dazwischen eine Pufferschicht, in der sich der Phosphoranteil langsam erhöht.
Die GaAsP-Schicht ist mit Tellur n-dotiert. Als Alternative zu Tellur kann auch Silizium verwendet werden. Das Substrat ist ebenfalls n-dotiert, allerdings üblicherweise sehr viel stärker, um eine niederohmige Stromleitung darstellen zu können.
Die Leuchtdiode RP-12C ist eine typische GaAsP-Leuchtdiode. In die epitaktisch aufgebrachte, n-dotierte GaAsP-Schicht wurde eine p-Dotierung integriert, die an ihrer Grenzfläche die gewünschte Leuchtdiode ausbildet. Als p-Dotierung kommt meist Zink zum Einsatz.
Für diese LED ist bei 20mA eine Flussspannung von 1,70V angegeben. Die 1,64V der VQC10 erscheinen damit durchaus plausibel. In Sperrrichtung hält die RP-12C bis zu 25V stand, was für eine Leuchtdiode ein enorm hoher Wert ist.
Abhängig von der genutzten Anzeige kann man bereits bei einem Strom von 5µA ein minimales Leuchten erkennen.
Bei 10µA ist der Leuchteffekt schon deutlich auszumachen.
20µA
2mA
In diesem Bild fließen 20mA durch die Leuchtdiode. Im oberen Bereich des Dies tritt auch seitlich Licht aus. Die Erklärung für diesen Effekt findet sich im "Handbook of Optics: Devices, measurements, and properties". Hier zeigt sich die Grenzfläche zwischen dem GaAs-Substrat und der darüber liegenden GaAsP-Schicht. Die Bandlücke des GaAs-Substrats ist mit 1,4eV kleiner als die Bandlücke der GaAsP-Schicht (>1,9eV). Aus diesem Grund kann das Substrat die erzeugte Wellenlänge sehr effizient absorbieren und wirkt entsprechend dunkel.
Betreibt man die Leuchtdiode in Sperrrichtung, so erfolgt bei ungefähr 22V der Durchbruch der pn-Grenzfläche. Dieser Wert passt relativ gut zu den Spezifikationen der RP-12C aus dem Siemens Data Book.
Bei einem Strom von 5µA kann man bereits einen minimalen Leuchteffekt erkennen.
10µA
100µA
200µA
500µA
900µA
Bei 900µA umgibt der Leuchteffekt den p-dotierten Bereich fast vollständig. Die Fläche selbst bleibt dunkel. Vermutlich stellen sich an den äußeren Kanten, an der Oberfläche des Dies die höchsten Feldstärken ein. In diesem Bereich dürfte auch die Störstellendichte am höchsten sein. Wie beim BUX22 deutlich zu sehen ist, erfolgt der Lawinendurchbruch bevorzugt an Störstellen.