Richi´s Lab

Texas Instruments LMG3410

LMG3410

Der LMG3410 von Texas Instruments ist ein auf Galliumnitrid (GaN) basierender Transistor. Das Halbleitermaterial Galliumnitrid besitzt wie Siliziumkarbid eine große Bandlücke und eignet sich deswegen sehr gut, um hohe Spannungen und hohe Ströme schnell und verlustarm zu schalten. Im Vergleich zu SiC ist die maximal zulässige Sperrspannung bei GaN-Transistoren üblicherweise etwas geringer, dafür lassen sich GaN-Transistoren schneller schalten. Der LM3410 enthält neben einem GaN-Leistungstransistor einen Treiber und einen Silizium-MOSFET, so dass die Ansteuerung verhältnismäßig unkompliziert erfolgen kann.

Dauerhaft dürfen am LMG3410 bis zu 480V anliegen. Die Absolute Maximum Ratings spezifizieren 600V und transient sogar 800V. Wobei die 800V-Impulse nur eine Million Mal auftreten dürfen. Flankensteilheiten bis zu 150V/ns sind zulässig. Bei einer Junction-Temperatur von 125°C sind 12A als maximaler Stromfluss spezifiziert. Bei 25°C geben die Absolute Maximum Ratings bis zu 40A an. Impulse, die kürzer als 100ns anliegen, dürfen bis auf 100A ansteigen. Der Widerstand im aktiven Zustand wird mit 70mΩ/110mΩ angegeben (25°C/125°C).

Die Ausgangskapazität des GaN-Transistors beträgt 71pF. Besonders interessant ist allerdings die nicht vorhandene Body-Diode, weswegen die Reverse Recovery Charge mit 0nC angegeben werden kann. Das bedeutet, dass in der Anwendung in einer Halb- oder H-Brücke der Umladevorgang sehr viel unkritischer ist. Ein GaN-FET besitzt zwar keine intrinsische Diode wie ein Silizium-MOSFET, ein Betrieb im dritten Quadranten, also ein Stromfluss von Source nach Drain ist aber trotzdem möglich.

 

Texas Instruments Application Report

Das obige Bild stammt aus einem Application Report von Texas Instruments ("Does GaN Have a Body Diode? - Understanding the Third Quadrant Operation of GaN"). Es zeigt wie ein GaN-Transistor aufgebaut sein kann. Ein GaN-Transistor ist ein sogenannter HEMT, einen High-Electron-Mobility-Transistor. Darin enthält ein Bereich ein sogenanntes zweidimensionales Elektronengas ("2DEG"), in dem Elektronen sehr widerstandsarm fließen können.

Auf Wikipedia liest man, dass es sich um eine spezielle Form des MESFET handelt, also eines J-FETs, bei dem nicht eine inverse Dotierung, sondern ein Metall-Kontakt den Kanal einengt. Mittlerweile existieren allerdings auch Varianten mit isolierter Gate-Elektrode. Das hier zu sehende Schnittbild scheint eine derartige Isolationsschicht zu enthalten. Die Verlängerung der Source- und Gate-Zuleitung steuert das elektrische Feld im aktiven Bereich, so dass sich eine höhere Spannungsfestigkeit ergibt.

 

Texas Instruments Application Report

Texas Instruments erklärt im obigen Dokument auch, warum sich GaN-Transistoren verhalten, als würden sie eine Body-Diode enthalten. Liegt die Gate-Source-Spannung oberhalb der Thresholdspannung, so kann Strom in beide Richtungen durch das Bauteil fließen (blau). Liegt die Gate-Source-Spannung unterhalb der Thresholdspannung (rot), so sperrt der Transistor positive Drain-Source-Spannungen. Bei negativen Drain-Source-Spannung wird der Transistor allerdings wieder leitend. Das negative Drain-Potential führt zu einer positiven Gate-Drain-Spannung, die sich im dritten Quadranten wie eine positive Gate-Source-Spannung im ersten Quadranten auswirkt. Die Kennlinie ist allerdings um Vgs-Vth verschoben und der Kanalwiderstand ist etwas höher.

Im Vergleich zu einem MOSFET mit einer Body-Diode ist der Spannungsabfall an einem GaN-Transistor im dritten Quadranten verhältnismäßig hoch. Das Datenblatt des LMG3410 spezifiziert 7,8V bei einem Stromfluss von 10A. Es ergeben sich entsprechend hohe Verluste. Entweder hält man in diesem Betriebspunkt die Strom-Zeit-Fläche klein oder man schaltet den Transistor ein.

 

LMG3410 Package

LMG3410 Datenblatt Package

Der Transistor befindet sich in einem VQFN-Gehäuse mit einem exposed Pad. Das Datenblatt zeigt das Pinning des LMG3410. Die oberen Kontakte führen alle das Drain-Potential. Im unteren Bereich sind es ähnlich viele Kontakte für das Source-Potential. Dazu kommen Pins für die Versorgung und die Steuerung des Transistors.

 

LMG3410 Datenblatt Blockschaltbild

Das Datenblatt enthält ein Blockschaltbild, das die Funktionsweise des LMG3410 zeigt. Wie bei den SiC-Transistoren, waren auch die ersten GaN-FETs ausschließlich selbstleitend. Hier kommt ein solcher selbstleitender GaN-FET zum Einsatz. Will man dennoch ein eigensicheres Verhalten, so kann man eine Kaskode aufbauen wie im Fall des UnitedSiC UF3C120040K4S. Beim LMG3410 ist man einen aufwändigeren Weg gegangen. In Serie zum GaN-Transistor befindet sich ein klassischer Si-MOSFET. Hier bilden die beiden Transistoren aber keine Kaskodenschaltung, sondern werden unabhängig voneinander angesteuert.

Der LMG3410 benötigt eine Versorgungsspannung zwischen 9,5V und 18V. Daraus erzeugt ein Linearregler eine 5V-Versorgung für die Steuerung. Ein Schaltregler generiert außerdem eine negative Versorgung mit -13,9V, um den GaN-Transistor sicher abschalten zu können. Die Stromaufnahme beträgt typischerweise 43mA.

Eine Push-Pull-Stufe verbindet das Gate des GaN-Transistors entweder mit dem Source-Potential und schaltet ihn damit leitend oder sie verbindet das Gate mit der negativen Versorgung und sperrt ihn so. Über einen Widerstand am Pin RDRV kann man die Schaltgeschwindigkeit zwischen 30V/ns und 100V/ns variieren. Der LMG3410 enthält sowohl eine Überstrom- als auch eine Übertemperaturüberwachung, die den Baustein vor Überlastung schützt.

Befindet sich der LMG3410 im Ruhezustand (Stromaufnahme 80µA) oder wird nicht versorgt, so ist der Si-MOSFET abgeschaltet und das Gate des GaN-Transistors ist mit dem Source-Anschluss des Bausteins verbunden. In diesem Zustand steigt die Spannung über dem Si-MOSFET an, bis das Gate des GaN-Transistors so negativ wird, dass auch dieser sperrt und damit den Großteil der Sperrspannung trägt. Mittlerweile kann man auch selbstsperrende GaN-FETs herstellen, was die sichere Anwendung vereinfacht.

 

LMG3410 Aufbau

Im Gehäuse befinden sich zwei Dies. Bei dem oberen Die handelt es sich um den GaN-Transistor (5,8mm x 2,1mm). Das untere Die ist der Steuerschaltkreis, der auch den Si-MOSFET enthält (5,2mm x 1,3mm). Der Steuerschaltkreis hat sich beim Öffnen des Gehäuses vom Träger gelöst und wurde später wieder in das Bild eingefügt.

 

LMG3410 Aufbau

Die Bondverbindungen lassen sich gut rekonstruieren. GaN-Transistoren leiten den Strom üblicherweise lateral. Hier ist auch der Si-MOSFET lateral aufgebaut. Das ist recht effizient möglich, da der Si-MOSFET zwar den vollen Strom des LMG3410 tragen können muss (40A), aber keine hohe Sperrspannung notwendig ist. Wahrscheinlich sind etwas mehr als 20V bereits ausreichend.

 

LMG3410 Steuerschaltkreis Die

LMG3410 Steuerschaltkreis Die

Die Hälfte der Fläche des Steuerschaltkreises wird vom Si-MOSFET eingenommen. Die andere Hälfte enthält die Versorgungsschaltungen, die Steuerung und die Treiber.

 

LMG3410 Steuerschaltkreis Die Aufbau

Das Die ist 0,25mm dick und trägt eine sehr massive Metalllage mit einer Höhe von ungefähr 11µm.

 

LMG3410 Steuerschaltkreis Die Funktionsweise

LMG3410 Steuerschaltkreis Die Funktionsweise

Die Strukturen der Steuerung sind zu klein und zu vielschichtig, um sie im Detail analysieren zu können. Einige Funktionsblöcke lassen sich aber auf Grund der massiven Leitungen identifizieren. Der Längsregler des 5V-Spannungsreglers ist durch seine Kontaktierung ebenso zu erkennen, wie der Highside- und der Lowside-Transistor des Buck-Boost-Wandlers (rosa).

Der Gate-Kontakt des GaN-FETs ist über einen sehr großen Transistor mit dem Source-Potential des Bausteins verbunden (blau). Ein weiterer, nicht ganz so großer Transistor verbindet das Gate mit dem negativen Versorgungspotential (grün). Das Source-Potential ist über zwei Pfade mit dem Die verbunden. Eine ganze Reihe von Bonddrähten führt zum Si-MOSFET. Drei weitere Bonddrähte verbinden die Steuerung mit dem Source-Potential des Bausteins. So werden Störungen aus dem Leistungspfad von der Steuerung ferngehalten.

 

LMG3410 Steuerschaltkreis Die Detail

LMG3410 Steuerschaltkreis Die Detail

Das Design stammt offensichtlich aus dem Jahr 2015. Außerdem findet sich die Bezeichnung LMG3410A1 auf dem Die. A1 könnte für eine erste Revision stehen.

Der LMG3410 schaltet bei einem Überstromereignis ab und bleibt abgeschaltet. Der LMG3411 wird im selben Datenblatt geführt. Dieser Baustein schaltet bei einem Überstromereignis allerdings nur für den aktuellen Zyklus ab. Höchstwahrscheinlich kommt für den LMG3411 die gleiche Steuerung zum Einsatz, die in der Fertigung lediglich anders konfiguriert wird.

 

LMG3410 GaN Die

Der GaN-Transistor ist hier im Vergleich zu den obigen Bildern um 180° gedreht. Er besitzt eine ganze Reihe von Drain- und Source-Bondpads. Links und rechts kann man über jeweils drei Bondpads das Gate-Potential kontaktieren, wobei im LMG3410 nur die linken Kontakte genutzt werden.

 

LMG3410 GaN Die Detail

An der rechten Kante sind neben einigen Bezeichnungen auch die verwendeten Masken abgebildet.

 

LMG3410 GaN Die Funktionsweise

Das Drain-Potential wird über den kompletten Umfang vom Source-Potential flankiert. Regelmäßige Unterquerungen der breiten Source-Leitungen führen das Gate-Potential in den aktiven Bereich.

 

LMG3410 GaN Die Funktionsweise

Mit einem Blick auf den von Texas Instruments veröffentlichten Aufbau lassen sich die Strukturen gut zuordnen. Dünne vertikale Striche bilden die Kontakte von Source (blau) und Drain (rot) zum aktiven Bereich. Die Source-Metallleitung ist breiter. Darunter befindet sich die Gate-Elektrode.

 

zurück
oder unterstützt mich über Patreon
Creative Commons Lizenzvertrag