Hier sind zwei R65C02P4 Prozessoren zu sehen. Es handelt sich dabei um die von Rockwell produzierte CMOS-Variante des weit verbreiteten 6502. P4 steht für die Sortierung, die eine Taktfrequenz von bis zu 4MHz erlaubt. Die beiden Bausteine wurden von einem chinesischen Händler bezogen. Die Gehäuse weisen einige Besonderheiten auf, die misstrauisch machen.
Beide Chips tragen exakt die gleiche Beschriftung, die Gehäuseform und die Gehäuseoberfläche unterscheiden sich aber an einigen Stellen. So befinden sich nur beim unteren R65C02P4 zwei Einbuchtungen in der Oberseite und die Einbuchtungen auf der Unterseite sind deutlich ausgeprägter. Der obere Chip stammt aus einem Backend in Thailand. Das untere Gehäuse entstand in Taiwan.
Die Beschriftung des unteren R65C02P4 ist außerdem undeutlich. Des Weiteren fällt dort auf, dass die Einbuchtung beim Pin 1 sehr klein und flach ist. Solche Auffälligkeiten entstehen, wenn die Oberfläche abgeschliffen wird. Das würde auch erklären, warum die zwei großen Einbuchtungen auf der Oberseite flacher sind als die auf der Unterseite.
Beide Gehäuse zeigen bei genauerer Betrachtung viele kleine Beschädigungen, vor allem an den Kanten. Beim oberen R65C02P4 erscheint die Unterseite regelrecht schmutzig, was überhaupt nicht zu der sehr sauberen Oberseite passt. Die Oberfläche der Pins ist unregelmäßig. Dies ergibt sich beim erneuten Verzinnen, was oft notwendig wird, wenn die Oberfläche oxidiert ist oder die Bauteile aus einer Platine herausgelötet wurden. Dazu kommt, dass einige Pins etwas verbogen sind.
Der Rockwell R65C02 enthält die typischen Funktionsblöcke eines 6502-Prozessors.
Das obige Die stammt aus dem ersten R65C02. Dieses Bild ist auch in einer höheren Auflösung verfügbar (18MB). Oberflächlich betrachtet passen die Strukturen zu einem 65C02.
Die Beschriftung zeigt das Kürzel CMD, das für California Micro Devices steht. CMD hatte den 65C02 unter der Bezeichnung G65SC02 im Programm. Diese Bezeichnung findet sich zum Teil hier wieder.
Außerdem ist das Logo von WDC abgebildet. Hinter der Abkürzung steht die Firma Western Design Center, die den 65C02 entwickelt hat und das Design an andere Firmen verkauft.
Auf dem Die sind zwei Teststrukturen integriert, die offensichtlich einen n-Kanal- und einen p-Kanal-Transistor darstellen.
Im unteren linken Bereich sind die Revisionen von sechs Masken abgebildet.
Das hier zu sehende Die stammt aus dem zweiten R65C02. Dieses Bild ist auch in einer höheren Auflösung verfügbar (22MB). Oberflächlich betrachtet sind die Strukturen die gleichen wie beim ersten R65C02. Es finden sich aber ein paar kleine Unterschiede.
Dieser Prozessor trägt das Logo von GTE. Die Firma GTE hatte ebenfalls einen G65SC02 im Programm und wurde von CMD übernommen. Es handelt sich hier folglich um den Vorgänger der CMD-Variante.
Auf diesem Die sind die Revisionen von vier Masken zu erkennen und auch hier findet sich das WDC-Logo.
Ein kleiner Unterschied zwischen den beiden Prozessoren findet sich bei der Datenschnittstelle an der rechten Kante im unteren Bereich. Beim neueren Baustein (oben) hat man zwischen der Steuerung und den Endstufen eine Barriere eingezogen, die mit dem Bezugspotential verbunden ist.
An der linken oberen Kante wurde beim neueren Prozessor (links) das Versorgungspotential von der Rahmenstruktur zu der integrierten Schaltung geführt. In diesem Bereich ist die Endstufe für das SYNC-Signal integriert.
Der Highside- und der Lowsidetransistor erstrecken sich ein Stück weit nach rechts. Dem Lowsidetransistor wurde im neueren Prozessor ein Block zur Seite gestellt, der mit dem positiven Versorgungspotential verbunden ist.
An der rechten Kante befindet sich die Endstufe für das R/W-Signal. Hier wurde, wie bei der SYNC-Endstufe im Außenbereich ein Block integriert, der das positive Versorgungspotential trägt.
Anscheinend hat man hier zwei unterschiedliche G65SC02 Prozessoren aufgearbeitet und als Rockwell R65C02P4 verkauft. Es handelt sich damit eindeutig um Fälschungen. Die drei Typen sind sich grundsätzlich sehr ähnlich, da Rockwell laut Wikipedia ebenfalls das Design von WDC übernommen hat. Die Prozessoren waren funktional, hatten folglich vor der Aufarbeitung keinen Defekt und hatten die Aufarbeitung selbst überstanden. Fraglich ist allerdings, ob ihre Qualität ausreichend war für die schnellsten Sortierung "P4". Außerdem reduziert die Vorgeschichte und die Aufarbeitung die zu erwartende Restlebensdauer. Der Aufwand für die Fälschung ist rentabel, da so der Eindruck entsteht es würde sich um eine größere Menge NOS-Bauteile handeln und man diese teurer verkaufen kann.
