Mit der ADR1000 hat Analog Devices einen Nachfolger für die äußerst stabile Referenzspannungsquelle LTZ1000 entwickelt. Sowohl die LTZ1000 als auch die ADR1000 benötigen eine sinnvoll ausgelegte, sehr stabile externe Beschaltung. Mit der hier zu sehende ADR1001 bietet Analog Devices eine Alternative, die alle notwendigen Schaltungsteile enthält und ohne eine besondere Beschaltung direkt eine stabile und exakt definierte Referenzspannung ausgibt.
Erste Entwicklungsmuster der ADR1001 kamen 2022 in Umlauf. Es war allerdings nicht einfach an Muster heran zu kommen. Beim hier zu sehenden Bauteil erfolgte die Produktion Anfang 2022. Die Buchstabenfolge XEZ zeigt, dass es sich um ein Entwicklungsmuster handelt. Serienbauteile kamen erst 2024 in den Handel. Mittlerweile ist auch ein Serienteil dokumentiert.
Das SMD-Keramikgehäuse vereinfacht die Integration in moderne Schaltungen, bringt bei hohen Anforderungen an die Stabilität aber auch Nachteile. Verwindungen der Platine übertragen sich stärker auf die Referenzspannungsquelle als bei einem TO-Gehäuse. Die massivere Anbindung selbst kann zu mechanischen Spannungen führen. Außerdem ist es schwieriger den Baustein thermisch von der Umgebung zu isolieren.
Für die ADR1001 existierte lange Zeit kein öffentlich verfügbares Datenblatt. Man fand lediglich Screenshots einer Produktpräsentation, die ein Blockschaltbild enthielt.
In LTspice wurde relativ schnell ein Modell der ADR1001 integriert. Es zeigt ebenfalls die integrierte Schaltung. Die Referenzspannung basiert demnach auf der gleichen Schaltung wie sie in der LTZ1000 und in der ADR1000 zu finden ist. Darin kompensieren sich die unterschiedlichen Temperaturkoeffizienten einer Z-Diode und der Basis-Emitter-Sperrschicht eines Transistors (blau). In der ADR1001 ist zusätzlich der Operationsverstärker integriert, der die Referenz versorgt (gelb).
Ein Spannungsteiler skaliert die initiale Referenzspannung auf 5V (lila). Das erleichtert die Integration in eine Schaltung. Die initiale Referenzspannung ist zwar sehr konstant, ihr absoluter Wert unterliegt aber relativ starken Produktionsschwankungen. Die ADR1001 besitzt außerdem einen Ausgangsverstärker (grün), der es mit den dort integrierten Widerständen ermöglicht die 5V-Referenzspannung zu puffern oder auf 10V zu skalieren. Auch -5V lassen sich einstellen. Ein eigener Pin zum Bezugspotential reduziert die Gefahr von Rückwirkungen auf die Referenzspannungsquelle.
Neben dem Referenzspannungsteil besitzt die ADR1001 eine Heizung, die die Schaltung auf einer konstanten Temperatur hält (rot). Das hat den Vorteil, dass nicht nur die Temperatur der Referenzspannungsquelle selbst konstant ist, sondern auch die Temperatur der anderen integrierten Schaltungsteile. Während man bei einer ADR1000 zum Beispiel extern Widerstände mit einem sehr niedrigen Temperaturkoeffizienten einsetzen muss, ist der Temperaturkoeffizient der in der ADR1001 integrierten Widerstände deutlich weniger kritisch.
Die Heizung besteht aus den eigentlichen Heizelementen und einem Regler. Der Operationsverstärker im Regler nutzt den Temperaturdrift eines Transistors zur Temperaturmessung und vergleicht dessen Basis-Emitter-Spannung mit der Spannung eines Spannungsteilers. Über den Pin TSET kann man den Spannungsteiler und damit die Solltemperatur beeinflussen.
Überraschend ist, dass sich der Spannungsregler dem Schaltbild nach aus der nicht gepufferten Referenzspannung versorgt. Der Temperaturregler sollte im eingeschwungenen Zustand zwar eine sehr konstante Stromaufnahme aufweisen, dennoch besteht hier die Gefahr, dass die Referenzspannung gestört wird. Sowohl der Regler als auch der Heizer besitzen einen eigenen Anschluss zum Bezugspotential.
Der Ausgang PWRGD zeigt offensichtlich die Betriebsfähigkeit der ADR1001 an. Der Bezeichnung nach gibt der Pin TCHIP die Temperatur des Dies aus. Diese Bezeichnung findet sich aber nur im LTspice-Modell, nicht im obigen Blockschaltbild.
Über die Suchfunktion auf der Webseite von Analog Devices fand man anfänglich noch keinerlei Informationen zur ADR1001. Nutzte man aber eine externe Suchmaschine, so erreichte man eine Seite, mit einem Eval-Board der ADR1001.
Für das Eval-Board ist ein Schaltplan abgebildet, der zeigt, wie eine typische Anwendung aussehen kann.
Der Deckel der ADR1001 ist mit dem Keramikgehäuse verlötet. Seitlich betrachtet kann man gut den geschichteten Aufbau erkennen. Der Deckel ist mit einem Kontakt in der Ecke des Gehäuses verlötet, der nicht zur Unterseite führt und damit normalerweise elektrisch nicht angebunden ist.
Im Gehäuse zeigt sich, dass die ADR1001 tatsächlich vollständig auf ein Die integriert wurde. Das ist in Anbetracht der hohen Anforderungen und der speziellen Struktur des Referenzelements nicht selbstverständlich.
Wie man hier schon erahnen kann, ist das Die nicht leitfähig mit dem metallisierten Gehäuseboden verbunden. Auch sonst wurde keine Verbindung zum Gehäuseboden geschaffen. Das Potential von Deckel und Boden sind undefiniert. Die Flächen bilden eine verhältnismäßig große Kapazität zum Die, so dass sich darüber Störungen von außen in die Schaltung einkoppeln können.
Zur Befestigung des Dies im Gehäuse kam ein spezielles Material zum Einsatz, welches das Die thermisch von der Umgebung isoliert. So erreicht die ADR1001 schneller ihre Solltemperatur und benötigt weniger Heizleistung. Die Maßnahme ist hier besonders sinnvoll, da das Keramikgehäuse über eine große Fläche mit der Platine verbunden ist.
Eine genauere Betrachtung der thermischen Isolation erfolgt im Rahmen des Serienmodells der ADR1001.
Die Abmessungen des Dies betragen 3,6mm x 3,3mm. Sowohl das obere als auch das untere Bild ist in höherer Auflösung verfügbar (6,59MB bzw. 56,6MB). Weiter unten findet sich mittlerweile ein noch besseres Bild.
Die ADR1001 besitzt wie die ADR1000 zwei Metallagen. Die Strukturen sind verhältnismäßig groß, was typisch ist für analoge Schaltungen, in denen es auf maximale Präzision ankommt.
Das Design stammt offensichtlich aus dem Jahr 2020. Die Buchstabenpaare sind mit Sicherheit Initialen der beteiligten Entwickler.
In der oberen linken Ecke des Dies findet sich eine kleine Teststruktur. Dort sind zwei Transistoren parallel geschaltet. Die Emitter sind mit dem Bezugspotential verbunden, Basis und Kollektor können über Testpads kontaktiert werden. Dazwischen ist ein Widerstand integriert, der sich zwischen den Testpads optisch kaum absetzt.
Das Die besitzt 20 Bondpads, die alle einem Pad am Gehäuse zugeordnet sind. Dazu kommen neben den zwei Testpads der Teststruktur vier weitere Testpads, die für einen Abgleich der Schaltung genutzt werden.
Das Referenzpotential REF6P6_S wird etwas weiter im Inneren des Dies abgegriffen. Alle anderen Potentiale kontaktieren ihre Potentiale im Außenbereich, wo sich auch Schutzstrukturen befinden.
Zur Übertragung des Bezugspotentials werden zwei Pads des Gehäuses genutzt. Diese werden mit zwei Bonddrähten auf das Die geführt und sind dort miteinander verbunden. Die Nutzung von zwei Pads und zwei Bonddrähten reduziert den Widerstand im Massepfad. Besonders problematisch ist dabei der relativ hohe Temperaturkoeffizient der Widerstände.
Das Bezugspotential wird neben dem Versorgungspotential unter anderem über den äußeren Rand des Dies übertragen. Besonders auffällig ist die breite Leiterbahn, die schräg nach unten zum Zentrum des Dies geführt wird. Für den Wechsel von der unteren zur oberen Metalllage kamen viele große Durchkontaktierungen zum Einsatz.
Ein Großteil der Schaltungsteile lässt sich auf dem Die identifizieren. Zentral befindet sich die Kombination aus Z-Diode und Transistor mit ihrer typischen Geometrie, die man von der ADR1000 kennt (blau). Anders als im Blockschaltbild dargestellt, findet sich im Pfad ISET kein Widerstand. Dafür ist in diesem Pfad ein Element, das eine Stromsenke sein könnte.
Rechts und links der Referenz sind große vertikale Streifen integriert, die aus einer Reihe von Widerständen und Transistoren bestehen (rot). Hierbei handelt es sich um die Heizer für die Temperaturregelung der ADR1001. Der Regler selbst nimmt eine verhältnismäßig große Fläche oberhalb der Referenz ein. Auf der Außenseite der Heizer und an der unteren Kante des Dies sind große Kondensatoren integriert. Auf einige der Kondensatoren greift der Temperaturregler zu. Der Temperaturregler besitzt einige abgeglichene Widerstände. Dafür befinden sich in der oberen rechten Ecke drei Testpads. Der Ausgang TCHIP ist direkt mit der Basis-Emitter-Strecke eines ansonsten isolierten Transistors verbunden (rot/türkis).
Der Ausgangspuffer ist gut zu erkennen (grün). Die empfindliche Eingangsstufe befindet sich zwischen der Referenz und dem rechten Heizer. Die Ausgangsstufe befindet sich dagegen an der Kante, wo weniger Gefahr besteht, dass sie die Referenz negativ beeinflusst. Der Operationsverstärker nutzt eine erhebliche Menge der Kondensatoren. Die zum Ausgangspuffer gehörigen, abgeglichenen Widerstände befinden sich relativ zentral, wo die Temperatur sehr konstant ist.
Der Spannungsteiler, mit dem die Referenzspannung auf 5V skaliert wird, ist ebenfalls abgeglichen und befindet sich zentral (lila). Für den Abgleich dieser Widerstände ist an der rechten Kante des Dies ein Testpad integriert.
Der Operationsverstärker zur Versorgung der Referenz (gelb) ist ebenfalls zweigeteilt. Die Elemente, die zur Eingangsstufe gehören, lassen sich zwar nicht eindeutig identifizieren, befinden sich aber, wie man erwarten würde, zwischen dem linken Heizer und der Referenz. Die Ausgangsstufe des Operationsverstärkers ist zwischen dem linken Heizer und der Kante integriert.
Die beiden Spannungsteiler zeigen die bekannten Spuren eines Abgleichs. Zusätzlich befinden sich an der unteren Kante zwei Strukturen bestehend aus drei beziehungsweise vier Elementen, die mit den Spannungsteilern verbunden sind. Welchen Zweck diese Strukturen erfüllen bleibt unklar. Es könnte sich um Zenerdioden handeln, die eine Art Spannungsbegrenzung darstellen.
Die Struktur im Zentrum des Dies ähnelt stark der Kombination aus Z-Diode und Transistor, die man von der LTZ1000 und der ADR1000 kennt. Was auf den ersten Blick absolut logisch erscheint, wirft Fragen auf, wenn man sich den Aufbau der Struktur in Erinnerung ruft.
Wie im Rahmen der ADR1000 dargestellt, kontaktiert die Basis des dort integrierten Transistors das Substrat. Das Emitterpotential ist damit negativer als das Substrat. In der LTZ1000 und in der ADR1000 ist das kein Problem, da sich dort abgesehen von einem Transistor zur Temperaturmessung und einem Heizerwiderstand keine zusätzlichen Schaltungsteile auf dem Die befinden.
In der ADR1001 ist dagegen eine sehr umfangreiche Schaltung auf dem Die integriert. Noch dazu ist der Emitter der Z-Dioden/Transistor-Kombination noch mit weiteren Schaltungsteilen verbunden. Entweder ist die Referenzstruktur in der ADR1001 anders aufgebaut als in der ADR1000 oder es kam ein Prozess zum Einsatz, bei dem die aktiven Strukturen vollständig vom Substrat isoliert sind.
Die mehrfache Kollektoranbindung, die man von der LTZ1000 und der ADR1000 kennt, sucht man hier vergebens. Der einzige Kontakt, der zur Kollektorschicht führt, findet sich oben rechts. Überraschenderweise ist der Kollektor mit der vermeintlichen Basis der Transistorstruktur verbunden. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass die runde Struktur bei der ADR1001 nur eine Z-Diode enthält, keinen Transistor. In der ADR1001 wird der mittlere Anschluss als zusätzlicher Anodenkontakt verwendet. Dieser ist dann nicht mit dem Arbeitsstrom belastet.
Um die zentrale Struktur befinden sich vier weitere Transistoren. Zwei der Transistoren (T1/T2) dienen der Temperaturregelung. Die anderen beiden Transistoren (Q2/Q3) sind der zweite Teil der Referenzspannungsquelle, die man initial innerhalb der speziellen Struktur gesucht hätte.
Das obige Bild ist qualitativ noch etwas hochwertiger und in voller Auflösung verfügbar: 42MB
Den Ausgangsverstärker der ADR1001 kann man mit den integrierten Widerständen nutzen, um eine Ausgangsspannung von 10V zu erzeugen. In diesem Fall sollte man den Verstärker aber nicht gleichzeitig als Puffer für wechselnde Lasten verwenden. Zwischen dem Ausgang des Verstärkers und dem Pin am Gehäuse befindet sich ein kleiner, aber nicht irrelevanter Widerstand. Mit steigender Last fällt über diesen Widerstand eine Spannung ab. Da sich der Widerstand außerhalb der Regelschleife befindet, wird der Spannungsabfall nicht nachgeregelt.
Den Widerstand zwischen dem Verstärker und dem Ausgang kann man grob abschätzen. In dem Buch The Art of Analog Layout von Alan Hastings finden sich typische Widerstandswerte für die Metalllage von Standard-Bipolarprozessen. Demnach stellt jedes Quadrat einen Widerstand von 20-40mΩ dar. Damit ergeben sich bis zu 1,08Ω. Mit dem Bonddraht kommt man auf 1,22Ω. Es fehlt noch der Kontaktwiderstand zwischen den Metalllagen, der Kontaktwiderstand zwischen Bondpad und Bonddraht und der Übergangswiderstand des Pads am Gehäuses. Messungen an einer Referenzspannungsquelle haben einen Widerstand von 1,7Ω gezeigt.