Richi´s Lab

WF OA741

OA741

OA741

Die OA741 ist eine Germanium-Spitzendiode, hergestellt im Werk für Fernsehelektronik Berlin. Die maximal zulässige Sperrspannung beträgt 40V, der maximale Strom liegt bei 75mA.

Die schwarze Schrift auf gelben Grund wurde wie ein Abziehbild aufgebracht. Es handelt sich dabei um die älteste Ausführung der Diode. Später lackierte man die Dioden grau. Darauf folgten kleinere Gehäuse mit einer weißen Lackierung und schließlich beschriftete man direkt das unlackierte Glasgehäuse.

 

OA741 Aufbau

Der Aufdruck lässt sich abkratzen und erlaubt einen Blick auf die Konstruktion der Diode.

 

OA741 Aufbau

Einer der Anschlusspins ist von Lot umgeben, auf dem sich ein dünner Germaniumkristall befindet. Von oben kontaktiert ein Golddraht den Kristall. Die Kurve, die der Draht beschreibt, sorgt mit ihrer Federwirkung dafür, dass der Draht während der Produktion Kontakt zum Kristall hält. Außerdem wird darüber die unterschiedliche Wärmeausdehnung der Materialien kompensiert, die ansonsten die Kontaktstelle belasten würde.

 

OA741 Aufbau

Der Germaniumkristall ist ungefähr 80µm dick. Die Kantenlänge beträgt 1,3mm. Die auffällige Oberflächenstruktur ergab sich durch die damaligen Ätzprozesse, mit denen Störstellen von der Oberfläche des Kristalls entfernt wurden.

 

Der Golddraht hat einen Durchmesser von ungefähr 40µm und ist mit dem Halbleiterkristall verschmolzen. Während der Produktion wurde die OA741 mit einem verhältnismäßig hohen Strom formiert. Der hohe Stromfluss erhitzt die Verbindungsstelle von Golddraht und Halbleiterkristall so stark, dass sie miteinander verschweißen. In der sogenannten Diodenbibel (Halbleiterdioden - Leitfaden für Erwachsenen-Qualifizierung und Ausbildung im VEB Werk für Fernsehelektronik von Heinz Hornung) kann man nachlesen, dass das Formieren die mechanische Stabilität und die Spannungsfestigkeit erhöht.

Die Spitzendiode ist eine Weiterentwicklung der offenen Kristalldetektoren, die in sehr alten Radioempfängern als Demodulatoren eingesetzt wurden. Dort musste man händisch einen Draht auf einen mineralischen Kristall platzieren. An der Grenzfläche zwischen Metall und Halbleiter entsteht eine Schottky-Diode. Spitzendioden, die nicht formiert wurden, also nicht verschweißt sind, arbeiten nach dem selben Prinzip und stellen so ebenfalls Schottky-Dioden dar. Sie werden gerne als Hochfrequenzdioden eingesetzt, weil sie geringere Sperrschichtkapazitäten bieten.

 

Dioden- und Transistortechnik Störstellen

Das Buch Dioden- und Transistortechnik von Dr. Matthias Falter beschreibt die Grundlagen, auf denen Spitzendioden basieren. Bei einem n-dotierten Halbleiter sorgen Oberflächeneffekte dafür, dass freie Elektronen in tiefere Schichten verdrängt werden. Bei einem Metallkontakt, der einen Schottky-Übergang erzeugt, fließen die freien Elektronen in das Metall. An der Schnittstelle bildet sich eine Raumladungszone aus, die Strom nur in eine Richtung fließen lässt.

Befindet sich im Halbleiter neben einer dominierenden n-Dotierung auch eine p-Dotierung, so entsteht an der Oberfläche ein pn-Übergang. Mit diesem Hintergrund muss man sich fragen, ob die frühen Kristalldetektoren, die mehr als genug Verunreinigungen mit sich brachten, nicht eher pn-Dioden als Schottky-Dioden waren.

 

Diodenbibel Störstellen

Die Ausprägung des pn-Übergangs an der Grenzfläche des Halbleiters lässt sich erhöhen, indem man das Material aufschmilzt. Die bereits zitierte Diodenbibel enthält ein Diagramm, das aufzeigt, wie sich dabei die Konzentration der positiven Ladungsträger erhöht. Die Kennlinie steht für n-dotiertes Germanium, das auf über 500°C erhitzt und dann abgeschreckt wurde.

Dr. Matthias Falter beschreibt, dass der Stromfluss beim Formieren eine doppelte Wirkung hat. Er schmilzt das Material auf und sorgt gleichzeitig für eine Spannung, die Akzeptoren zur Oberfläche und Donatoren ins Innere des Kristalls wandern lässt.

Die Diodenbibel beschreibt außerdem, dass im Werk für Fernsehelektronik bei den Golddraht-Spitzendioden 1% Gallium zugemischt wurde. Das Gallium diffundiert beim Formieren in den Germaniumkristall und bildet eine ausgeprägtere p-Dotierung.

Formierte Spitzendioden besitzen folglich einen pn-Übergang, keinen Schottky-Übergang.

 

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